MUT ZUR INNOVATION
Es gehörte schon ein gewisser Mut dazu, mit der Eisenbahn zu fahren: Erst 1835 war die erste deutsche Strecke zwischen Nürnberg und Erlangen gebaut worden – und nun, grade zehn Jahre später, gab es auch am Neckar eine Anlage für das neue Verkehrsmittel, avancierte Technologie und Zeichen des beginnenden Industrie- und Maschinenzeitalters. Mit atemberaubenden 24 Kilometern bewegte sich die Eisenbahn um so viel schneller als die Postkutsche, dass man allgemein um die Gesundheit fürchtete. Dass der württembergische König wenige Tage vor der offiziellen Eröffnung bei der Jungfernfahrt mitfuhr, war durchaus keine Kleinigkeit. Aber Wilhelm I. von Württemberg war ein junger und tatkräftiger Herrscher. In einer Zeit großer wirtschaftlicher Not leitete er Reformen und Innovationen ein. Am Ende seiner Regierungszeit war aus dem notleidenden und rückständigen Agrarland ein aufstrebender Industriestaat geworden.
EIN HERRSCHER IN EINER ZEIT DES UMBRUCHS
Die wirtschaftliche Ausgangslage für Württemberg war denkbar schlecht, als Wilhelm I. den württembergischen Thron bestieg. Eine mit England, dem Mutterland der Industrialisierung, vergleichbare Produktion der Manufakturen oder ersten Industrien gab es nicht. Württemberg war ein Agrarstaat, wenig verändert in der Struktur seit dem Mittelalter. Zwei von drei Württembergern lebten von der Landwirtschaft. Wegen der Rückständigkeit der landwirtschaftlichen Kenntnisse und Methoden war das Land jedes Jahr aufs Neue den Zufällen des Wetters ausgeliefert – bis hin zur Hungersnot. Durch die Kriege gegen das napoleonische Frankreich waren Land und Landwirtschaft ausgelaugt.
DER KÖNIG FÜHRT WÜRTTEMBERG IN DIE MODERNE
Die Regierungszeit des jungen Königs begann mit einer Wetterkatastrophe, dem „Jahr ohne Sommer“, das eine Hungersnot nach sich zog. König Wilhelm I. und seine junge Frau Königin Katharina brachten gleich mit dem Regierungsantritt 1816 Reformen in allen Bereichen auf den Weg. Schritt um Schritt gelang es dem Königspaar, das Land zu modernisieren. Dazu gehörte eine Verfassung, die Aufhebung der Leibeigenschaft – und der Beginn der Industrialisierung. Die Eisenbahn war die zentrale Technologie der Zeit und wurde als schnelles und günstiges Transportmittel bald zum Gemeingut. Mit dem Pendelverkehr zwischen Cannstatt und Untertürkheim begann der Siegeszug der Eisenbahn im Land.
INDUSTRIALISIERUNG AM FUSS DES WÜRTTEMBERGS
In wenigen Jahren sollte das Eisenbahnnetz so gewachsen sein, dass das Land von Nord bis Süd vom neuen Verkehrsmittel erschlossen war. Und die kurze Bahnstrecke zwischen Cannstatt und Untertürkheim hatte geradezu symbolische Bedeutung: Sie verband zwei bedeutende Bauwerke, die der König hatte errichten lassen, sein Schloss auf dem Rosenstein und die Grabkapelle auf dem Württemberg. Als König Wilhelm die beiden Bauprojekte initiierte, war das Neckartal noch eine ursprüngliche Auenlandschaft mit Bauern- und Fischerdörfern und die Neubauten auf der Anhöhe erschien wohl wie Projektionen eines neuen Württemberg. In der Mitte des Jahrhunderts hatte sich die Welt bereits verändert. Bis heute geblieben ist der Blick von damals: Von den Treppen des weithin sichtbaren Mausoleums, gebaut zum Andenken an die jung verstorbene Königin Katharina, sieht man heute noch auf die Gleise, die längst Teil der Industrielandschaft des Neckartals geworden sind.
HELD ODER HELDIN 2020 GESUCHT
Auf die historischen Vorbilder baut jetzt die Aktion „Held oder Heldin 2020 gesucht“ auf. Die Staatlichen Schlösser und Gärten fragen ihre Gäste: Wer ist für Sie heute eine Heldin oder ein Held? Wer hat sich in Corona-Zeiten heldenhaft verhalten? Wer hat das Beste aus der Krise gemacht und eine neue Idee entwickelt? Wer einer persönlichen Heldin oder einem Helden ein Dankeschön widmen will, kann sich per Mail unter heldenhaft2020@ssg.bwl.de oder per Post bei den Staatlichen Schlössern und Gärten melden und erhält eine Schlosscard als Dank für die ausgewählte Person. Das Gutscheinheft öffnet die Tore von 26 Schlössern, Klöstern und Gärten und gilt ab dem ersten Besuch ein Jahr lang. Die gesamte Aktion ist interaktiv und partizipativ angelegt: Alle sind eingeladen, von den Heldinnen und Helden zu erzählen, die sie beschenken wollen – und sie damit in die neue „Heldengalerie 2020“ bei Facebook oder Instagram unter #heldenhaft2020 aufnehmen zu lassen.
DER HISTORISCHE HINTERGRUND
Mit der Aktion „Held oder Heldin 2020 gesucht“ knüpfen die Staatlichen Schlösser und Gärten an die Biografien von vier historischen Personen an, die an schwierigen Punkten der Geschichte ihr Leben und ihre Aufgaben meistern mussten – und jede steht für ein Datum. „Heldin 1689“ ist Liselotte von der Pfalz, die sich auch in schwierigen Situationen nicht scheute zu sagen, was sie richtig fand – oder auch grundfalsch, wie etwa den Angriff ihres Schwagers Ludwig XIV. auf die Pfalz, ihre Heimat. „Held 1780“ ist Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz, der die Wissenschaften förderte – unter anderem gehen so wichtige Alltagsdinge wie der Blitzableiter auf seine Einwirkung zurück. „Heldin 1818“ ist Königin Katharina von Württemberg, die sich in der Not sozial engagierte und außerdem die erste höhere Schule für Mädchen gründete. „Held 1819“ ist der württembergische König Wilhelm I., unter dessen Regierung das Land eine konstitutionelle Monarchie, ein Staat mit Verfassung, wurde, außerdem schaffte er die Leibeigenschaft ab, förderte die Landwirtschaft und gründete das Cannstatter Volksfest.
SERVICE UND INFORMATION
ÖFFNUNGSZEITEN GRABKAPELLE
Täglich außer Montag 10.00 bis 17.00 Uhr
Rundgang ohne Führung
Erwachsene 4,00 €, ermäßigt 2 €, Familien 10 €
HINWEIS FÜR DEN BESUCH
Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg weisen darauf hin, dass die Grabkapelle mitten in den Weinbergen liegt und über keine Parkplätze verfügt. Die Anfahrt mit den Bussen der Linie 61 der VVS ab Untertürkheim wird daher dringend empfohlen.
Aufgrund der derzeitigen geltenden Auflagen der gültigen Corona-Verordnungen des Landes gilt in der Grabkapelle auf dem Württemberg eine strikte Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen für Gäste ab 6 Jahren.
Die Besucher werden gebeten, den gewünschten Abstand von 1,5 Metern zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und anderen Gästen einzuhalten.
Nach der Corona-Verordnung der Landesregierung von Baden-Württemberg sind die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg verpflichtet, die Kontaktdaten wie Name und Vorname, Adresse, Telefonnummer oder E-Mail-Adresse sowie Datum des Besuchs, Uhrzeit (von – bis), Startzeitpunkt der Führung abzufragen. Das Formular zur Kontaktnachverfolgung, das alle Gäste beim Besuch des Residenzschlosses Ludwigsburg abgeben müssen, kann bereits vor dem Besuch auf der Internetseite der Staatlichen Schlösser und Gärten heruntergeladen werden – direkt auf der Startseite bei den Informationen „Corona-Virus COVID-19 Hinweise für Ihren Besuch unserer Monumente“. Damit erleichtern und beschleunigen Gäste die Anmeldung beim Besuch im Monument.
INFORMATIONEN UND ANMELDUNG
Grabkapelle auf dem Württemberg
Württembergstraße 340
70327 Stuttgart
Telefon +49(0)7 11.33 71 49
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